Handwerk
Eine Auswahl von Althuus-Objekten ist vor Ort und hier online beschrieben. Erfahren Sie, was ein Dünkelbohrer ist, wozu eine Gauffriermaschine verwendet werden kann und wie eine Kartoffelwürmlipresse aussieht.
Damals…
Bis Ende des 19. Jahrhunderts rinnt das Trinkwasser auch in grossen Städten wie Bern durch hölzerne Leitungen. Bei fachgerechter Wartung halten sie 100 Jahre stand. Zur Herstellung eines Dünkels wird ein gerader Fichtenstamm auf einem Wagen befestigt. Der Bohrer wird auf einen Bohrbock aufgelegt und exakt in der Mitte des Stammes angesetzt. Sobald die Bohrwindungen mit Spänen gefüllt sind, muss der Bohrer herausgezogen und gereinigt werden. Mit dem Dünkelbohrer können 3 Meter lange, 6 cm weite Löcher gebohrt werden. Längere Holzstämme werden von beiden Seiten angebohrt. Die verschiedenen Dünkeln werden mit den Dünkelringen aus Eisen zusammengesetzt. Der letzte Dünkelbohrer der Schweiz, Hermann Baumann (1915 – 2007) lebte im Nachbardorf Rizenbach.
Heute…
Nach den Holzleitungen werden Metallrohre eingesetzt, die aber korrodieren und schädliche Stoffe (Blei, Kupfer) abgeben können. Heute werden Kunststoffrohre verwendet. Auch sie altern und werden mit der Zeit spröde, wenn ihre Stabilisatoren abdampfen.
Damals…
Das Althuus ist ein Ackerbaubetrieb, wie es typisch ist vor 300 Jahren. Milchkühe werden zur Selbstversorgung gehalten. Kühe, Stiere und Ochsen werden zum Ziehen im Ackerbau gebraucht. Bis nach dem 2. Weltkrieg war neben Milch und Fleisch die Eignung zum Ziehen ein Zuchtziel der Simmentaler-Rasse. Der Futterbau wird Ende des 18. Jahrhunderts intensiviert mit Kleewirtschaft, sodass mehr Rinder gehalten werden können. Um 1800 werden im Mittelland die ersten Talkäsereien gebaut. Milchverarbeitungsgeräte sind also nicht typisch für das Althuus und stammen wohl nicht aus diesem Bauernbetrieb.
Heute…
Auf den Bauernbetrieben im Mittelland werden nur noch kleine Mengen Milch direkt verarbeitet. Meist wird die Milch alle zwei Tage von einem Tankwagen abgeholt und in einem grossen Milchverarbeitungsbetrieb weiterverarbeitet. Anders sieht es aus im Berggebiet, wo auch heute noch viele Betriebe mindestens im Sommer auf der Alp Käse und weitere Milchprodukte fabrizieren.
Damals…
Die Trachtenhemden aus Leinen werden vorne gestärkt und fein gefältelt, um ihnen ein vornehmes Aussehen zu verleihen. Für diese Ausrüstung braucht es einen Prägekalander mit gegenseitig ineinandergreifenden Walzen, die durch ein positiv und ein negativ eingraviertes Muster feine Rillen ergeben.
Heute…
Dieses Ausrüstungsverfahren für einen feinen Reliefeffekt wird auch heute verwendet und ist nicht in allen Fällen waschecht. Bei thermoplastischen Synthesefasern kann mit dieser Technik bei entsprechender Temperatur ein gewisses Mass an Dauerhaftigkeit und Waschechtheit erreicht werden. Heute werden Gewebe für Damenkleider, Futter-und Dekorationsstoffe gaufriert.
Damals…
Einmal pro Woche wird gebacken, kurz bevor das alte Brot ausgeht. In der grossen Teigmulde werden bis 30 kg Mehl zu Teig verarbeitet. Fast eine Stunde wird von Hand geknetet! Im Ofenhaus wird mit „Wedele“ (Reisigbündel) während zweier Stunden gefeuert, damit der grosse Steinbackofen heiss genug ist für die Früchtekuchen und die Brote. Auch die Nachbarn helfen mit und bringen später ihre Kuchen zum Backen. So wird die Hitze gut genutzt. Mit dem Schüssel werden die geformten Brotlaibe in den Ofen geschoben. Nach zwei Stunden werden die fertig gebackenen 4-Pfünder herausgeholt. Nach dem Brotbacken werden noch Bohnen oder Äpfel gedörrt und vielleicht noch Meringuen für einen besonderen Anlass gebacken. Wenn die Brote ausgekühlt sind, werden sie im Keller auf ein Brett gestellt, das an der Decke aufgehängt vor Mäusen und Ratten Schutz bietet. Das frische Brot kommt erst auf den Tisch, wenn alles alte Brot aufgegessen ist. So braucht es weniger!
Heute…
Es ist möglich, sieben Tage in der Woche frisches Brot zu kaufen. Regionale Spezialitäten sind wieder auf dem Markt. Nur noch wenige Leute backen ihr Brot selber. Für gewerbliche Bäckereien ist das Pflaster hart geworden gegenüber den grossen industriellen Betrieben.
Damals…
Rohe Kartoffeln werden gerieben und aus dem Saft Stärke gewonnen. Sie wird zum Stärken von Textilien gebraucht. Vor allem die Kragen, die Brust (Teil, der aus dem Veston herausschaut) und die Manschetten werden gestärkt, um sie voll zur Geltung zu bringen. Durch das Stärken wird der Schmutz abgestossen und die Kleider bleiben länger frisch.
Heute…
Gestärkt wird heute nur noch selten. Die Wäschestücke werden schon bei der Herstellung auf ihre Dauerform präpariert. Da gestärkte Fasern brüchig und die Gewebekanten schneller abgestoßen werden, stärkt man heute nur die Hemden zu Frack und Smoking. Sie sollen besonders edel aussehen und werden vor allem auch wesentlich seltener getragen und gewaschen.
Damals…
Je nach Jahr halten sich die Kartoffeln nicht lange im Keller. Vor allem wenn die Kraut-und Knollenfäule grassiert, ist es wichtig, wenigstens einen Teil der Ernte zu retten. Um sie zu konservieren, werden die Kartoffeln gekocht und geschält. Dann werden sie durch die Presse getrieben. Es entstehen lange Kartoffelwürmer, die im Ofen getrocknet werden. Später werden sie mit Wasser wieder zu einem Brei gerührt.
Heute…
Wer seinen Kartoffelstock nicht selber machen will, kauft ihn in Flocken oder als konzentriertes Püree. Grosse Vorräte anzulegen, erübrigt sich: Der Weg in den nächsten Supermarkt ist meistens nicht weit!
Damals…
Von einem geschlachteten Tier wird alles verwertet. Die Knochen werden fein zerstampft. Ab 1800 ist Knochenmehl in der Landwirtschaft als Dünger gefragt. >Es wird auch für die Herstellung von Leim gebraucht. In diesem Fall wird es mit Wasser aufgekocht. Das Fett, das sich an der Oberfläche ansammelt, wird abgeschöpft und für die Seifenherstellung gebraucht. Der fettfreie Sud wird abgeschüttet und eingekocht. Was zurück bleibt, ist Knochenleim. Das restliche Knochenmehl wird getrocknet und als Phosphordünger eingesetzt. Der Leimsieder ist ein ausgestorbener Beruf. Dieser Block stammt vom „Stampfeli“ am Mühlebach, der Knochenstampfe beim Jerisberghof.
Heute…
Gelatine wird auch jetzt noch aus Knochenmehl gemacht. P-Kunstdünger wird aus phosphorhaltigen Mineralien gewonnen. Die Phosphor- Vorkommen reichen je nach Schätzung noch für 30 bis 150 Jahre. Deshalb wird die Forschung forciert, den Phosphor aus Urin für die Landwirtschaft zurückzugewinnen.
Damals…
Bevor die Röndle bekannt ist, wird das gedroschene Geteide bei windigem Wetter in einer Wanne hochgeschleudert und wieder aufgefangen. So trägt der Wind die Spreu (Spelzen, Hülsen und Grannen) davon. Später wird das gedroschene Getreide in den Trichter der Röndle gefüllt und durch einen gleichmässigen Luftstrom geführt, der durch ein Windrad in einem Luftkanal erzeugt wird. Die Spreu wird wegen ihres geringen Gewichtes aus dem Gerät geblasen, während das Korn drinnen bleibt und nach und nach herausfällt. Vor 2000 Jahren werden schon Kornfegen in China eingesetzt. Im 17. Jahrhundert gelangen die Geräte nach Europa. Hier auf dem Söller des Althuus stehen verschieden alte Modelle. Sie zeigen die Entwicklung vom einfachen Gerät zur ausgeklügelten Maschine mit verschiedenen Schüttelsieben.
Heute…
Der Mähdrescher erledigt in einem Arbeitsgang alles vom Mähen des Getreides bis zur Reinigung der Körner. Gleich geblieben ist, dass der Mensch entscheiden muss, wann er ernten will, um einen guten Ertrag mit dem richtigen Wassergehalt der Körner zu erhalten.
Damals…
(bis Anfang des 20. Jahrhunderts)
Im Jerisberghof steht fast kein Quellwasser zur Verfügung. Im Althuus wird das Wasser für Mensch und Tier aus einem Sodbrunnen heraufgepumpt. Ein durchgebohrter Fichtenstamm steht im Grundwasser mit seiner „Laterne“. Von aussen dringt das Wasser durch die gebohrten Löcher. Mit dem Kännli, dem Kolben, wird Wasser gepumpt. Wenn der Kolben hinunter gestossen wird, öffnet sich die mit Blei beschwerte lederne Klappe und lässt das Waser einströmen. Beim Hochheben schliesst sich das Ventil wieder. So kann das Wasser aus 5m Tiefe hochgepumpt werden. Der Dünkel im Althuus wird 2002 von Hermann Baumann erneuert. Er ist der letzte Dünkelbohrer in der Schweiz und stirbt 2007 mit 92 Jahren.
Heute…
(ab den 1930 Jahren) Die Wasserversorgung auf dem Jerisberghof besteht seit 1933. Vorher kam es immer wieder vor, dass Wassernot herrschte auf dem Hof.
Damals…
Das Glanderiergerät wird eingesetzt, um ein Gewebe wasserfest und Schmutz abstossend zu machen. Gewaschen wird nur zweimal im Jahr. Der Leinenstoff wird nach jedem Waschen und Trocknen mit Bienenwachs eingerieben. Mit der diskusförmigen Glasscheibe, dem „Gurrli“, wird das Wachs durch Hin-und Herbewegen in das gespannte Gewebe eingearbeitet. «Ds Gurrli fiegge» wird heute noch in einem übertragenen Sinn gebraucht und meint wie «ds Möösch putze», «d Levite läse» oder «d Chappe schroote», jemandem ordentlich die Meinung sagen.
Heute…
Wir alle haben die Möglichkeit, unsere Kleider in einer Maschine zu waschen. Das Waschprogramm kann den Textilien angepasst werden. Mit Spezialwachs imprägnierte Regenkleidung ist immer noch erhältlich (bspw. Barbour-Jacken aus England).
Damals…
Die ersten Bügeleisen sind aus dem 15. Jahrhundert bekannt. Zuerst werden massive Metallplatten auf dem Ofen erhitzt. Später werden Kasteneisen gebaut, die direkt mit glühender Kohle beschickt werden oder in die man ein erhitztes Eisenstück, die „Ochsenzunge“, legt. Die grosse Herausforderung ist, die weisse Wäsche nicht mit Asche oder Kohle zu verschmutzen. Entdecken Sie die verschiedenen Modelle auf dem Schneiderofen! Sie gehören nicht original zu diesem Ofen, der eine Weiterentwicklung darstellt: Das erkaltete Bügeleisen kann gegen ein heisses ausgetauscht werden.
Heute…
Textilien werden mit Druck, Wärme und Dampf gebügelt. Bei den heutigen elektrischen Bügeleisen lässt sich die Temperatur den Textilien anpassen. Viele Kleidungsstücke sind knitterfrei ausgerüstet; so erübrigt sich das Bügeln.
Damals…
Auf dem Weg des Getreides vom Bauernbetrieb über die Mühle zum Verbraucher ist es wichtig, dass die Säcke unverwechselbar ihrem Produzenten zugewiesen werden können. Oft tragen die Säcke neben Namen und Ort des Besitzers auch eine Jahreszahl. Die Verzierungen können je nach gesellschaftlichem Status mehr oder weniger üppig ausfallen. Die Druckstöcke werden aus Birnholz geschnitzt und eingefärbt. Ein Leinensack wird oft mit verschiedenen Druckstöcken bedruckt. Die ausgestellten Druckstöcke stammen aus dem ehemaligen Malergeschäft Fürst in Biberen. Später werden die „Bundessäcke“ dem Bauern zur Verfügung gestellt für das Getreide, das der Bund übernimmt. Sie werden mit Etiketten versehen und an den Bahnhöfen kontrolliert und abgeholt.
Heute…
Seit das Getreide nicht mehr in Säcken transportiert wird, haben die bedruckten Säcke ausgedient und werden als Wandschmuck gebraucht. Ein kleiner Wirtschaftszweig, der des Sackdruckers, geht verloren.
Damals…
Jeder Kummet wird auf die Masse eines einzelnen Pferdes angefertigt. Er darf weder drücken noch scheuern. Die Hülle aus Rindsleder wird mit Sommerroggenstroh ausgestopft. Dann wird der feuchte Kummet über den Kummetstock gelegt und mit dem Kummetschlegel in die ovale Form des Pferdehalses geklopft. Darauf kommt die Detailarbeit: Der Lederteil wird mit den Kummetscheitern verbunden und die entsprechenden Riemen angefertigt. Auch Zugkühen oder -ochsen werden Kummete angepasst. Sie sind unten schmal und oben breit, weil die Rinder mit dem Nacken ziehen, ein Pferd aber mit der Brust.
Heute…
Sattler, die heute noch Kummete herstellen können, sind rar geworden. Wer weiss, ob dieses Handwerk erneut aufblühen kann, wenn heute immer mehr Pferde gezüchtet werden?
Damals…
Im 14. Jahrhundert steht Alkohol im Ruf, gegen die Pest und andere Krankheiten zu helfen. Deshalb bemühen sich viele, ihren eigenen Schnaps zu brennen. Später wird in den bäuerlichen Kleinbrennereien der Ackerbaukantone viel minderwertiger Kartoffelschnaps hergestellt. Er dient der armen Landbevölkerung und der Arbeiterklasse als Nahrungsersatz und Betäubungsmittel. Viele Menschen erblinden oder sterben an Vergiftungen durch Fuselöle, an der „Kartoffelschnapspest“. 1887 wird mit dem ersten Alkoholgesetz Gegensteuer gegeben. Es schränkt vor allem den Brand von Kartoffelschnaps ein. Erst im Jahre 1930 wird ein weiterer Artikel in die Bundesverfassung aufgenommen, der nun alle Spirituosen umfasst. Zusätzlich wird ab dem Jahre 1949 die alkoholfreie Verwertung von Obst und Kartoffeln gefördert. Auf dem Jerisberghof wurde bis nach dem zweiten Weltkrieg im benachbarten Stock Schnaps gebrannt.
Heute…
Das Alkoholgesetz wird 2010 totalrevidiert und der heutigen Gesellschaft angepasst. Das durchschnittliche Einkommen ist in der Schweiz gestiegen, es steht mehr Geld für den Konsum von Luxusgütern zur Verfügung. Die meisten Menschen gehen verantwortungsvoll mit Alkohol als Genussmittel um. Trotzdem sterben in der Schweiz jährlich 2000 Menschen an den direkten Folgen eines zu hohen Alkoholkonsums und täglich landen 6 junge Menschen mit einer Alkoholvergiftung auf der Notfallstation.
Damals…
Wenn auf dem Bauernhof Geschirr in Brüche geht, werden die einzelnen Stücke sorgfältig aufbewahrt, bis der Chacheliflicker auf die Stör kommt und die zerbrochenen Stücke gegen ein paar Batzen und eine Mahlzeit wieder zusammensetzt. Er bohrt mit einem Nagel feine Löcher neben die Bruchstellen. Aus Schmiededraht biegt der Chacheliflicker kleine Klammern und befestigt sie über den Bruchstellen. Um die Festigkeit und die Dichte des Gefässes zu verbessern, wird Fensterkitt über die Haftlöcher und die Bruchstelle gestrichen. Natürlich lässt sich nur Geschirr flicken, das nicht in tausend Stücke zerspringt. Scherben bringen Glück – aber nur zwei Stück!
Heute…
Wenn heute Geschirr zerbricht, wird es mit Leim geklebt oder weggeworfen. Das meiste Gebrauchsgeschirr wird heute höher gebrannt (bis 1500°C) und ist viel robuster. Dazu ersetzen immer mehr Kunststoffe die Töpferwaren.
Zuhören
In der Küche, im Stall und auf der Bühne des Althuus können BesucherInnen ergänzende Informationen zum Althuus hören.
«Selbstversorgung»
Hörstation in der Küche
«Landwirtschaft»
Hörstation im Stall